Eine Methoden-Sammlung für explorative Klangworkshops
Wir sind Nadja Rix und Joana Welteke, Sozialkünsterinnen aus Hamburg mit Fokus auf Soundexploration und -performance. Im Schuljahr 2024/25 durften wir unser Projekt „Ich höre was, was du nicht siehst“ gemeinsam mit Schüler*innen der Klassen 5 und 7 an zwei Hamburger Schulen umsetzen. Dabei wurden wir dankenswerterweise durch den Projektfonds „Kultur und Schule“ der landesarbeitsgemeinschaft kinder- und jugendkultur e. V. finanziell unterstützt.
Unsere Workshops waren prozessorientiert, dialogisch und offen für Mitgestaltung durch die Teilnehmenden. Besonders wichtig war uns, auf die Interessen und Impulse der Schülerinnen und Schüler einzugehen.
Diese Sammlung dokumentiert die Methoden, Spiele und Aufgaben, die wir im Laufe des Projekts erprobt und weiterentwickelt haben. Sie sind flexibel einsetzbar – gedacht als Werkzeugkasten für Workshopleitende, Lehrer*innen und alle, die mit Kindern kreativ mit Klang arbeiten möchten.
Hörsensibilisierung und Einführungen in das Thema Klang
Klänge beschreiben (Hörsensibilisierung und intermedial Klang-Wort)
Die Kursleitenden und Teilnehmenden machen nacheinander kurze Klänge vor (z.B. mit dem Körper oder Dingen in ihrer direkten Umgebung). Die anderen versuchen die Soundqualität zu beschreiben und nennen passende Adjektive (z.B. raschelnd, quietschend, flauschig; nicht wertend). Die Begriffe werden gesammelt und auf Karten geschrieben. Begriffe können anschließend nach Ähnlichkeiten geclustert werden.
Zeit: ca. 10-30 Min
Ich höre was im Raum (Hörsensibilisierung)
Alle Teilnehmenden (TN) sitzen oder stehen verteilt im Raum und schließen die Augen. Eine Personen wählt sich einen mobilen Klang (z.B. Rasseln vom Schlüsselbund, Fingerschnipsen oder Papiertütenrascheln). Die Person bewegt sich durch die Teilnehmenden, während sie den Klang spielt. Alle anderen zeigen in die Richtung des Klangs. Zur Überprüfung können die Augen auf Kommando geöffnet werden.
Variation: Zwei Personen mit unterschiedlichen Klängen gehen im Raum umher. Die TN zeigen nun gleichzeitig die Richtungen an.
Herausforderung: Es kann ein sehr ruhiger Raum für diese Übung gewählt werden oder eine belebte Einkaufsstraße. Bitte achte jedoch, dass die Teilnehmenden an einem sicheren Ort stehen.
Zeit: ca. 5-10 Min
Schlüsselbund-Quiz (Hörsensibilisierung)
Haben alle Teilnehmende einen Schlüsselbund dabei? Alle Schlüsselbunde werden in der Mitte des Kreises gesammelt. Die Teilnehmenden wenden sich von der Mitte des Sitzkreises weg, sodass sie die Schlüssel nicht mehr sehen können. Jetzt werden alle Schlüsselbunde nacheinander von einer Person “gespielt”, bzw. zum Klingen gebracht. Wer erkennt den eigenen am Klang?
Zeit: ca. 10 Min
Leise Aufstehen (Konzentrationsübung, Hörsensibilisierung, Kooperationsübung)
Alle Teilnehmenden sitzen im Kreis. Die Aufgabe ist es, als Gruppe aufzustehen und sich wieder hinzusetzen, ohne das kleineste Geräusch zu machen. Falls ein Geräusch verursacht wurde, soll die Person in dieser Person einfrieren und sich nicht bewegen. Dann wir die Übung so lange wiederholt, bis es der Gruppe tatsächlich gelingt.
Zeit: 5-10 Min
Klangtagebuch (Konzentrationsübung, Hörsensibilisierung)
Um die Teilnehmenden weiter in der Klangsensibilisierung zu stärken kann ein Klangtagebuch ausgeteilt werden, in dem die Teilnehmenden ihre eigenen Entdeckungen im Alltag notieren können. Die Herausforderung für die Leitung ist, dass das Buch gut eingeführt werden muss, damit es die Teilnehmenden auch außerhalb des Workshops nutzen. Alternativ und zusätzlich kann es während der Stunde eingesetzt werden.
Übungsanregungen:
Notiere…
… den ersten Klang beim Aufwachen
… den letzten Klang vor dem Einschlafen
… den lautesten, den leisesten Klang
… den persönlich interessantesten Klang
… den Klang, der dir am nächsten und am weitesten weg ist
Aufwärmübungen
Performatives Gehen (Bewegung, Gruppeninteraktion)
Ohne Sprechen oder Berührungen bewegen sich die TN in einem vordefinierten, markierten Raum. Unterschiedliche Tempi werden durchs Würfeln bestimmt (1 langsam, 5 am schnellsten). Wenn die Zahl 6 gewürfelt wird, stoppen alle.
Bei einer großen Gruppe macht es Sinn die Gruppe zu teilen. Die beobachtende Gruppe kann Feedback geben (z.B. Wie hat es funktioniert, sich nicht zu berühren oder zu sprechen? Wurden regelmäßige Abstände gehalten?).
Erweiterung: Während des Raumlaufs finden vorher vereinbarte Interaktionen statt. Mit der Person, die man trifft, kann z.B. eine Begrüßung ausgetauscht werden.
Zeit: ca. 10-25 Min
Wer laut lacht – Impulskreis mit Zungenbrecher (Bewegung, Gruppeninteraktion)
Alle stehen im Kreis. Ein Zungenbrecher wird im Kreis weitergegeben. Wer lacht, egal ob an der Reihe oder nicht, muss eine Runde um den Kreis laufen und sich wieder an den Ausgangspunkt hinstellen, um weiterzumachen.
links herum = „Whiskymixer“
rechts herum = „Wachsmaske“
Seitenwechsel = „Wachwechsel“
Das Spiel kommt aus dem Improtheater, es geht darum ernst zu bleiben, auch wenn man einen Fehler gemacht hat oder andere TN lachen. Es ist OK Fehler zu machen!
Variation: Mit verschiedenen Emotionen sprechen (wütend, traurig).
Zeit: 10-15 Minuten
Klang-Memory (Gruppeninteraktion, Koordination)
Zwei Personen gehen aus dem Raum. Die anderen finden sich in Pärchen zusammen. Die Zweiergruppen üben einen Klang oder eine Klangabfolge ein: das kann etwas Gesungenes, ein Geräusch oder Rhythmus sein.
Die beiden Personen werden hereingeholt und stellen sich erhöht auf Stühle. Sie spielen nun nach den gewohnten Memory-Regeln. Anstatt wie beim Memory Kärtchen aufzudecken, werden Personen aufgerufen, die ihren Klang vormachen. Jede der beiden ratenden Personen darf zweimal „aufdecken“, dann ist die andere Person an der Reihe. Ziel ist es die Klangpaare zu finden. Gelingt dies, darf die Person nochmal „aufdecken“. Das erste aufgedeckte Pärchen kann sich um das Aufschreiben des Spielstands kümmern und dafür eine Tafel oder Whiteboard nutzen.
Zeit: Ca. 20 Min
Rhythmuskreis (Koordination, Gruppeninteraktion)
Variation 1:
1) Alle sitzen im Kreis, die Hände liegen vor uns auf dem Boden bzw. auf den eigenen Oberschenkeln. Ein „Händeklapp“ wird im Kreis herumgegeben. Die Gruppe versucht einen gemeinsamen Rhythmus zu finden. Variation in Geschwindigkeit und Lautstärke.
2) Hände kreuzen sich, sodass zwei fremde Hände zwischen den eigenen Platz finden.
„Händeklapp“ wird im Kreis herumgegeben.
3) wie bei 2) nur alle haben die Augen zu. Klappen, wenn man denkt, dass man dran ist.
Variation 2:
1) Alle sitzen im Kreis, die Hände liegen auf dem Boden bzw. auf den eigenen Oberschenkeln. Alle schlagen einen vorgegebenen Rhythmus mit beiden Händen gleichzeitig und können diesen auch nacheinander im Kreis weitergeben.
2) Nun wird der vorgegebene Rhythmus pro Schlag und Hand im Kreis weitergegeben.
3) eine kleine Gruppe von denjenigen, die den Rhythmus verinnerlicht haben und dauerhaft halten möchten, wird bestimmt. Die anderen improvisieren aufbauend auf dem immer wiederkehrenden Rhythmus-Variation in Lautstärke.
Impulskreise (Aufwärmen und Konzentration)
Es gibt viele Impulskreis-Ideen und sie können sehr gut auch selbst abgewandelt oder weiterentwickelt werden. Grundlegend geht es bei der Übung darum in den Moment zu kommen, den Fokus der Gruppe zu bündeln, z.B. nach einer Pause oder zu Beginn des Workshops. Außerdem können die Teilnehmenden gut im Körper ankommen und ihn aktivieren. Basis der Übung ist die Aufgabe einen Impuls im Stehkreis weiterzugeben.
Variation 1:
Eine imaginäre Maus oder ein anderes Tier rennt im Kreis. Die Teilnehmenden müssen entsprechend ihre Füße heben, bzw. je nach Geschwindigkeit hochspringen, um die Maus durchzulassen. Hier kann mit Schnelligkeit, Größe des Tiers und der Kreisrichtung variiert werden.
Variation 2:
Ein einfacher Klatscher wird im Kreis herumgegeben. Dabei kann darauf geachtet werden, dass beim Übergang von einer Person zu anderen immer Augenkontakt hergestellt wird. Dies kann helfen, dass der Impuls nicht ins Stocken kommt.
Variation 3:
Es gibt unterschiedliche Variationen wie ein Klatscher auch die Richtung wechseln kann oder durch den Kreis geschickt wird. Grundlage dafür ist der einfache Klatschimpulskreis (Variation 2). Aufbauend können Soundwörter, z.B. Peng, Boing, Puff, Zap, Zip, genutzt werden, um den Klatscher zu unterstützen und die Richtung anzusagen, z.B. Zip = rechts weitergeben, Zap = links weitergeben, Zoom = durch die Kreismitte
Kompositorische Strategien
Grafische Notation
Was ist Komposition? Wie kann Klang notiert werden? Eigene Notationssprache entwickeln. Kompositionsstrategien: Wiederholung, Lautstärkedynamik, Rhythmus, Pause, Rückwärts, Überlappung. Gemeinsame grafische Komposition am Smartboard, Umsetzung mit Bodypercussion.
Klangarrangement mit alltäglischen Dingen
Eigene Texte vertonen